Langlebigkeit: Über die „Kultur des Unterbrechens“

Ein Interview mit Leonard Wilhelmi, Geschäftsführender Gesellschafter der Buchinger Wilhelmi Fastenklinik

von Cornelia Sengpiel

Leonard Wilhelmi leitet seit dem 1. März 2019 in vierter Generation als Geschäftsführer die Fastenklinik Buchinger Wilhelmi am Bodensee. Parallel führen sein Bruder Victor Wilhelmi und seine Cousine Katharina Rohrer-Zaiser die gleichnamige Klinik in Marbella (Spanien). Ihr Urgroßvater, der Marinearzt Dr. Otto Buchinger, hatte vor über 100 Jahren die umfassende Heilfastenmethode begründet, nachdem er sich selbst durch Fasten von einer schwerwiegenden rheumatischen Polyarthritis geheilt hatte. Die Klinik ist heute Anlaufstelle für Patienten aus der ganzen Welt mit dem Wunsch nach Prävention beziehungsweise Heilung durch ein ganzheitliches, Körper und Psyche umfassendes, medizinisch-fundiertes Therapie-Angebot.

Leonard Wilhelmi absolvierte ein Masterstudium in International Business Management an der Universität St. Gallen (HSG). An der HSG ist Leonard Wilhelmi Gründungspräsident des Family Business Clubs. Dieser hat sich zum Ziel gesetzt, einen Austausch zwischen Studierenden der Universität St. Gallen und Familienunternehmen zu fördern. Nach verschiedenen Praktika, unter anderem in einer internationalen Unternehmensberatung, arbeitete er ab 2015 zunächst in einem börsennotierten Telekommunikationsunternehmen. Seit 2017 ist er im Management der elterlichen Klinik tätig. Er ist Vater von zwei Töchtern, die 2021 und 2024 geboren wurden.

Herr Wilhelmi, Sie sind selbst Nachfolger im Familienunternehmen in vierter Generation – wie lange haben Ihre Eltern und Sie bzw. Ihr Bruder und Ihre Cousine Vorlauf für den Übergang gehabt und welche Tipps könnten Sie anderen für eine gelungene Familiennachfolge geben?

Wir haben sehr früh angefangen im Familienkreis über Nachfolgethemen zu diskutieren. Da hat es sicherlich geholfen, dass wir als Familie generell sehr eng miteinander sind. Als ich im zweiten Studiensemester war, haben wir mit einem professionellen Coach zusammengearbeitet und zunächst eine Familiencharta erstellt. Das hat einen Reifeprozess ausgelöst: Plötzlich wurden auch Themen besprochen, die für mich bis dahin nicht transparent waren, obwohl ich in der Klinik natürlich von klein auf stets präsent war. Wie zum Beispiel, wie sind die Aktienmehrheiten verteilt – wir sind nämlich zwei Familienstämme –, was passiert mit den angeheirateten Partnern, was im Todesfall, wie genau sind Übergangsprozesse? Es wurde alles transparent, aber dann auch kontrovers diskutiert. Wir haben dadurch gelernt, in einem „safe space“ zu streiten. Alles in allem dauerte der Prozess dieser Einigung rund zwei Jahre, bevor wir dann mit der eigentlichen Vorbereitung des Einstiegs und der Übernahme begonnen haben.

Daher ist mein Tipp für andere Unternehmernachfolger: Mit dem Klärungsprozess anfangen, sobald die Kinder reif genug sind, etwa mit 18 Jahren. Dann können sie aus den Erkenntnissen noch Einfluss auf ihre (akademische) Ausbildung nehmen. Bei uns gab es genaue Vorgaben, wer welche Ausbildung für welche Aufgabe mitbringen musste. Es sollte auch keinen Zwang der Nachfolge geben, manche haben sich bei uns dagegen entschieden. In manchen Bereichen haben wir uns auch bewusst für externe Manager entschieden.

Eine Familiencharta hilft, alles besprochen zu haben. Aber am besten wäre es, man bräuchte sie – wie einen Ehevertrag – gar nicht oft aus der Schublade zu holen, weil alles auch so läuft. Wir haben dadurch eine Basis für eine gemeinsame Kultur geschaffen. Jedenfalls ist es besser, im Vorfeld kontrovers zu diskutieren und nicht erst, wenn man schon mitten im Unternehmen und in der Verantwortung drin ist. Aber die Charta braucht auch immer wieder ein Update. Wir haben das jetzt nach 14 Jahren gemacht, weil sich doch am Kontext einiges geändert hat. Für nachfolgende Generationen wird es jetzt einfacher, weil die Charta als Grundlage vorhanden ist.

Sie kennen selbst viele Unternehmer* – einerseits aus Ihrem Netzwerk mit Familienunternehmern, andererseits als Ihre Patienten in der Klinik – und haben festgestellt, dass das Thema (Mental) Health auf großes Interesse stößt. Warum ist das so? Gibt es da einen Unterschied zwischen den Generationen?

Es gibt objektive Daten, dass die Diagnosen Burnout, Stress, Chronisches Fatigue Syndrom und ähnliche Erkrankungen zunehmen. Das beschäftigt viele Menschen.

Persönlich glaube ich, dass die Komplexität in meiner Generation gestiegen ist: Das Rollenverständnis in Partnerschaft und Beruf ist nicht mehr eng umgrenzt, sondern vielfältiger geworden; viele Themen müssen gleichzeitig gehandhabt werden, es entstehen dadurch öfters Belastungssituationen. Ich sehe es auch an mir selbst – ich bin Vater und Chef, muss teilweise nahbar sein, in bestimmten Situationen aber auch autoritär. Hinzu kommen globale Phänomene, wie die aktuellen Kriege und Krisen, die zusätzlich Unsicherheit auslösen. Das gab es früher – eine ganze Zeit lang – so nicht.

Ich sehe bei älteren Familienunternehmern, dass die Rahmenbedingungen für Belastung und Erholung früher andere waren: Man nahm drei Wochen Familienurlaub, abends hatte man Zeit für die Familie ohne Handy, man traf die Gemeinde sonntags in der Kirche, es gab feste, langjährige Partnerschaften, jeder hatte klare Rollen.

Wenn Sie an Ihre Patienten in der Klinik denken, unter denen viele Unternehmer und Führungskräfte sind, gibt es eine nachweisbare Tendenz von einer Post-Behandlung (nach Burn-out oder mit Stress in Verbindung stehender Krankheiten) hin zu einer Präventions-Behandlung? Ist es realistisch, dass sich Führungskräfte „rechtzeitig“ dafür Zeit nehmen in ihrem geschäftigen Alltag?

Ich sehe beides: Viele betreiben bewusst Prävention, die kommen jedes Jahr zwei bis drei Wochen zu uns, um sich bewusst zu entschleunigen und aus ihrem Alltag herauszunehmen. Das werden immer mehr, aber es gibt auch die, die zu spät kommen.

Wobei ich beobachte, dass man sich heute nicht mehr schämen muss, sich Zeit für sich selbst zu nehmen, ohne schon eine Erkrankung zu haben. Andererseits habe ich zum Beispiel Patienten, die als Einzelperson sehr im Fokus stehen oder sogar in der Öffentlichkeit: Die haben Angst, dass es als Schwäche gilt oder als Mangel an Leistungsfähigkeit, wenn sie sich eine Auszeit bei uns nehmen. Ich erinnere mich noch an meine Praktikumszeit bei Beratungen, da galt: Wer am längsten durchhält, ohne kaputt zu gehen, der ist gewissermaßen der Held.

Hier findet langsam ein Paradigmenwechsel statt, spätestens seit Covid, das uns auch die eigene Verletzlichkeit deutlicher gezeigt hat.

Geht es diesen Personen mit viel Verantwortung und vollen Kalendern im Grunde um einen Erhalt Ihrer Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, auch über das Berufliche hinaus? Gibt es Ihrer Meinung nach ein stärkeres Bewusstsein dieser Personen dafür, dass sie mehr für Körper und Psyche tun müssen als in früheren Generationen?

Für mich gesprochen: Als Familienunternehmer hat man oft die dreifache Rolle als Aktionär, Geschäftsverantwortlicher und Familienmitglied. Da ist es manchmal ein Kunststück, die Konflikte aus dem einen Kreis nicht auch in den anderen mitzunehmen. Das kann zu einer Belastung werden, denn jeder Konflikt hat noch eine andere Tragweite, zum Beispiel wenn man sich als Geschwisterpaar streitet. Deshalb haben wir einen Familiencoach als Neutralen, den wir auch bei Konflikten hinzuziehen. Für mich spielt Erhalt von Belastbarkeit, also Resilienz, eine große Rolle.

Aber auch von anderen höre ich, dass sie die Erholung, die sie hier wiederfinden, aus Urlauben so gar nicht kennen. Sie erhalten ihre Leistungsfähigkeit in dem Sinn, dass sie sich hier wieder zentrieren und Kraft schöpfen für zukünftige Aufgaben, ihre Fokussierung und ihre Entscheidungen werden klarer. Das ist ein Zusammenspiel verschiedener Dimensionen von Körper und Psyche, es ist wie ein Orchester, das wieder in Harmonie kommt.

Jüngere sind daran tatsächlich sehr interessiert, vor allem sind sie viel besser informiert, wenn sie anreisen. Sie wissen durch Podcasts, Videos oder Bücher, was beim Fasten vor sich geht.

Sie sind selbst als Unternehmer mit einer verantwortungsvollen Aufgabe im Familienunternehmen und als junger Vater zweier kleiner Kinder vielfältig gefordert – wie schaffen Sie selbst die Balance und inwiefern hilft Ihnen der Austausch mit Patienten, es selbst anders zu machen? Was genau könnten Sie anderen aus dieser Erfahrung heraus raten?

Wir haben gerade unser zweites Kind bekommen, und ich versuche, eine gute Balance auch für meine Vaterrolle hinzubekommen. Dabei führe ich mir vor Augen, dass wir eine Generation sind, der es sehr gut geht. Insbesondere im Vergleich zu meinen Großeltern: Die kamen aus dem Krieg und haben gleichzeitig zwei Kliniken gegründet und drei Kinder bekommen und trotzdem nicht über zu viel Arbeit geklagt, da es einfach ein Privileg für sie war, endlich wieder etwas machen und gestalten zu dürfen, nach der Zeit im Krieg. Daran sieht man, wie unterschiedlich Belastung individuell empfunden werden kann. Im Moment geht das Pendel in eine andere Richtung, in den Bewerbungsgesprächen mit Jüngeren sehe ich das: Da geht es viel um Reduzierung der Arbeitszeit. Wichtig ist, für sich selbst das richtige Maß von Belastung und Entlastung zu finden. Die ständige Belastung ohne Pausen macht auch krank. Ich lerne hier natürlich viel aus dem Klinik-Umfeld auch für mich persönlich.

Und in diesem Zusammenhang eine weitere Frage: Fällt es Ihren Gästen heute schwerer als zu Zeiten Ihrer Eltern, „abzuschalten“ und Erholung „zuzulassen“? Fällt dies Unternehmern und Managern möglicherweise schwerer als anderen Gästen?

Vielleicht kennen Sie die Geschichte:  Zwei Männer machen einen Wettbewerb, wer schneller einen Baumstamm durchsägen kann. Einer legt los und gibt alles, hört nicht auf zu sägen, während der andere immer mal eine Pause macht, die Säge reinigt und konzentriert weitermacht. Am Ende gewinnt er trotzdem, weil er eben nicht in der Erschöpfung noch weitergemacht hat.

Wir haben die Kultur des Unterbrechens verloren – das heißt eben nicht, dass man faul ist, nur weil man eine Pause macht. Es ist genau das Wechselspiel, das wir brauchen, zwischen Ruhe und Aktivität, zwischen Essen und Fasten, ein ursprünglich ganz natürlicher Rhythmus.

Doch heute gibt es einfach nie eine Unterbrechung, wir haben dauernd alles – im Smartphone – dabei, egal wo wir sind. Viele schaffen es nicht mehr aus eigener Kraft, sich diese Unterbrechung konsequent zu verschaffen, selbst dann nicht, wenn sie irgendwo weit entfernt im Urlaub sind. Wir sind für viele Führungskräfte der Ort, wo sie es schaffen, endlich mal wieder zu unterbrechen. Andere gehen dafür ins Kloster. Fasten ist ein Weg dahin, die Kultur des Unterbrechens wiederzufinden.

Frühere Generationen hatten es meiner Meinung nach einfacher, abzuschalten, heute sind wir alle in der „Suchtspirale“ des Smartphones gefangen. Für uns ist das auch hier vor Ort in der Klinik ein Spagat, denn wir können das Internet nicht einfach komplett abschalten für unsere Patienten, aber fordern bestimmte Handy-freie Zonen beziehungsweise Uhrzeiten ein. Manchmal hat das auch schon mit einem Verweis aus der Klinik geendet. Wir sind da in einem gewissen Dilemma, wollen Erholung und Ruhe anbieten, das ist Teil unseres Produkts, aber wir können kein gesamtgesellschaftliches Problem in der Klinik lösen.

Mein Vater erzählt mir von seinen ganz frühen Erfahrungen an der Rezeption, da wurden die ankommenden Patienten gefragt, ob sie Anrufe auf das Zimmer durchgestellt haben wollten. Wenn sie das verneinten, hatten sie für die Dauer des Aufenthalts komplett Ruhe. Das würde heute gar niemand mehr mitmachen oder aushalten.

Gerade Patienten, die in bestimmten dynamischen Branchen arbeiten wie Investmentbanking oder wenn das Unternehmen mitten in einer Restrukturierung steckt, tun sich schwer damit, bei uns auch in dieser Hinsicht den Alltag loszulassen. Dabei wäre es genau deshalb wichtig, diese enge Taktung und Beanspruchung zu durchbrechen. Auch die Diskussion über die Vier-Tage-Woche trifft aus meiner Sicht nicht den Kern, es wäre viel besser, eine Diskussion über die ständige digitale Erreichbarkeit zu führen – die Leute wollen und brauchen Erholung. Es geht also vor allem darum, ihnen zu erlauben abzuschalten, einfach mal komplett weg zu sein.

Fasten ist zwar durch Intervall-Fasten durchaus zu einem Mode-Thema geworden, aber dennoch sehen viele Fasten nicht als umfassendere Heilmethode außerhalb der Gewichtsabnahme. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse haben Sie, die die Wirkung von Fasten in Prävention und Heilung, aber auch Stärkung von Resilienz und Leistungsfähigkeit unterstützen können?

Seit Ende der 90er Jahre ist sehr viel Forschungsgeld in das Thema Longevity gegangen, insbesondere in den USA. Dabei ist man durch Untersuchung der sogenannten Blue Zones, den Regionen, wo es eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung gibt, zufällig auf die Wirkung vom Fasten gekommen. Fastenzeiten waren immer Teil unseres Lebens, wir haben nicht immer durchgehend gegessen. Fasten führt dazu, dass in Ihrem Körper Reparaturprozesse ablaufen, ähnlich wie bei einem Boxenstopp. Danach gibt es einen Regenerationseffekt, in dem Zellstrukturen neu aufgebaut werden. Wenn Sie diese Aufbauphase gut unterstützen, auch durch die richtige Nahrung, haben Sie im Prinzip eine sehr nachhaltige Phase, in der sie sich gut fühlen und ihr Körper einfach wieder hundert Prozent leistungsfähig ist. Fasten hilft, auf der Körperebene die Dinge wieder in Einklang zu bringen, der Metabolismus kommt wieder in Harmonie, die Haut verändert sich zum Positiven, der Blutdruck harmonisiert sich, Tendenzen zu Prä-Diabetes werden ausgeglichen, das Schlafverhalten wird verbessert. Und als Nebeneffekt verliert man Gewicht.

Sicherlich haben Sie die Herausforderung, für Ihre Kliniken die richtigen und ausreichend Fachkräfte im medizinischen-pflegerischen Umfeld zu finden. Aber gilt das auch für Führungskräfte? Welche spezifischen Kompetenzen brauchen und suchen Sie für Ihr Führungspersonal in Zukunft?

Glücklicherweise haben wir einen guten Zuspruch in allen Berufen im Bereich Medizin, Pflege und Therapie, da werden wir als guter Arbeitgeber in der Region wahrgenommen. Aber es gibt Probleme in einigen Berufsbildern, in denen heute einfach weniger Personen ausgebildet werden, zum Beispiel Spezialisten, die mit den Händen arbeiten, wie Masseure.

Für die Zukunft brauchen wir gerade in den Verantwortungspositionen Personen, die verstehen, wie wir die Digitalisierung mit allen ihren Neuerungen sinnvoll für unsere Patienten und als Unternehmen einsetzen können. Einen hohen Stellenwert wird die Erhebung und Verwertung von Daten einnehmen, die in Zukunft unter anderem über Wearables erhoben werden, wie Schlafdaten, Blutzuckermessungen, Ketonmessungen. Die Grenze zwischen digitaler und biologischer Barriere des Menschen wird immer durchlässiger, wir beobachten das genau. Meine Mutter hat bei uns den medizinischen Teil verantwortet, mein Vater den kaufmännischen. Aber wir brauchen jetzt zusätzlich andere Kompetenzen mit an Bord, die wir so klar in der Familie allein nicht mehr abbilden können.

Und wenn Sie es uns verraten können: Was ist Ihres Erachtens das Geheimnis des Erfolgs Ihrer Klinik, die sich in einem zunehmend harten Wettbewerb mit großen Ketten und allerlei Angeboten zum „Wellness-Fasten“ durchsetzen muss?

Der Unterschied zu vielen Wettbewerbern ist, dass wir tatsächlich eine Klinik sind. Ich glaube, es gibt keinen Wettbewerber, der eine Lizenz als Klinik hat, die meisten kommen aus der Hotellerie.

Der größte Unterschied zwischen uns und anderen Anbietern, würde ich behaupten, ist allerdings, dass wir als Familienunternehmen einen anderen Fokus auf das Feeling vor Ort setzen, unsere Mitarbeiter anders behandeln und wir dadurch auch einen anderen Zugang zu den Patienten haben. Das wird uns auch zurückgespiegelt: Man fühlt sich als Mensch integriert, nicht primär als Kunde, man merkt, dass wir uns als Familie Gedanken gemacht haben. Wir haben zum Beispiel als Familie beschlossen, dass wir ganz verschiedene Zimmerkategorien anbieten wollen, auch wenn die kleinen Kategorien aus einem rein betriebswirtschaftlichen Verständnis heraus nicht tragfähig sind. Wir sind auch das einzige Unternehmen in dieser Branche, dass sich eine eigene Forschungsabteilung leistet. Auch wenn manche sagen, das ist doch Aufgabe von Unikliniken, haben wir als Familie beschlossen, es selbst zu machen, da uns an den Erkenntnissen gelegen ist und wir dadurch auch unsere Expertise und unseren Vorsprung ausbauen. Das wiederum spüren die Patienten hier: Das ist ein Ort mit viel Wissen und Erfahrung.

Wir wollen zwar mit der Zeit gehen und uns verändern, aber dieses Gefühl soll erhalten bleiben, weswegen wir uns auch nicht über ein Franchise-System weit verbreiten wollen. Wir glauben an die Kraft des Fastens und unsere bestimmte Methode, die sowohl der Gesellschaft als auch einem Gesundheitssystem helfen, sich weiterzuentwickeln. Deswegen werden wir es immer nur dort machen, wo wir der Meinung sind, dass wir in dieser Form einen Unterschied machen können.

Sie verfolgen in Ihren Kliniken einen ganzheitlichen Ansatz. Was bedeutet bei Ihnen in diesem Zusammenhang „Nachhaltigkeit“?

Das ist bei uns ein ganz wichtiges Thema: Wir sind Demeter-zertifiziert, kaufen viel aus der regionalen Landwirtschaft und haben schon längst vor der Prüfpflicht ab nächstem Jahr uns intensiv mit Wasseraufbereitung, Recycling, Cradle-to-Cradle-Ansätzen usw. auseinandergesetzt. Übrigens hat man während des Fastens einen negativen Footprint, wie uns eine Analyse bestätigt hat. Den größten Hebel haben wir noch beim nachhaltigen Bauen und bei der Energieerzeugung, aber das dauert aufgrund der Bauzyklen einfach länger. Auch hier können wir als Familie in einem ganz anderen Zeitrahmen handeln.

Wagen Sie einen Ausblick: Was ist wichtig in den nächsten Jahren für die Personen der „Boomer-Generation“, die sich wünschen, in einen gesunden Ruhestand zu wechseln? Und was wird wichtig sein für Ihre Generation von Unternehmern und Führungskräften, um in einer sich immer schneller verändernden und komplexer werdenden Geschäftswelt die Weichen richtig zu stellen, um sich eine möglichst lange „health span“ in ihrem Leben zu bewahren?

Fasten ist ein guter Ausgangspunkt für alle, um ihre Gesundheitsspanne zu verlängern. Ich kann nur jedem empfehlen, einfach mal eine Fastenerfahrung zu machen – und das sage ich jetzt nicht als Unternehmer, sondern aus eigener Überzeugung. Es ist nicht etwas, was nur wenige können, wie einen Marathon laufen. Es ist eine Fähigkeit, die wir alle haben. Und daher ist sie auch sehr verbindend – das sehen wir hier vor Ort, wir haben Christen, Muslime, Juden zu allen Jahreszeiten gemeinsam hier, ohne Konflikte. Fasten ist ein guter Startpunkt, um dann zu entscheiden, womit man selbst weitermachen will, sei es mehr Sport zu treiben, sich gesünder zu ernähren, achtsamer im Leben mit sich und anderen umzugehen.


Herr Wilhelmi, vielen Dank für das Gespräch!

*Wir verwenden die männliche Form für die Erleichterung der Lesbarkeit, umfassen damit aber stets alle Geschlechter.