Von Tradition zu Innovation: Wie Family Offices den Wandel gestalten

Wie sich die Profile erfolgreicher Family Officer in einer globalisierten Welt verändern


von Andreas von Specht

In der dynamischen Welt der Vermögensverwaltung hat sich das Konzept der Family Offices im Laufe der Zeit erheblich weiterentwickelt, um den sich wandelnden Bedürfnissen und den gestiegenen Anforderungen wohlhabender Unternehmerfamilien gerecht zu werden. Ursprünglich gegründet, um die Vermögen erfolgreicher Unternehmer zu verwalten, sind sie mittlerweile zu anspruchsvollen Organisationen herangewachsen, die einer Vielzahl von Zielen und Zwecken dienen. Heute verwalten insgesamt etwa 9.000 Single und Multi Family Offices weltweit ein Vermögen von mehr als USD 16 Bio., was sie zu einer bedeutenden Kraft im globalen Investmentgeschäft macht.

Die Bedeutung von Family Offices

Ein Family Office ist eine professionelle Organisation oder auch ein privates Büro, das sich der Verwaltung und Gestaltung der Interessen wohlhabender Unternehmerfamilien häufig über mehrere Generationen hinweg widmet. Ursprünglich im 19. Jahrhundert durch Pioniere wie J.P. Morgan und die Rockefellers entstanden, haben Family Offices in ihrer Zahl und Inhaltstiefe zugenommen. Sie managen unter anderem eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen, komplexer Stakeholder-Beziehungen, die Vermögensverwaltung, Nachfolgeplanung und philanthropische Initiativen.

Das übergeordnete Ziel der meisten Family Offices besteht nach wie vor in der Schaffung von risikoadjustiertem Wachstum, um das Familienvermögen zu bewahren oder zu vermehren. Dieses Ziel letztlich auch zu erreichen, gestaltet sich im globalen Umfeld zunehmend schwieriger.

Ein Blick auf die vielen verschiedenen Studien zu Family Offices macht deutlich, dass vermögende Familien einer scheinbar ständig wachsenden Komplexität gegenüberstehen. Modernen Family Offices gelingt es, eine Mischung aus Tradition und Innovation abzubilden – und sich dabei immer wieder an die sich ständig weiterentwickelnde Finanzwirtschaft und Familiendynamik anzupassen. 40 bis 50 % der heute bestehenden Family Offices wurden vor weniger als 20 Jahren gegründet. Sie sind inzwischen mit einem signifikanten Anstieg ihrer Zahl in Ländern wie den USA, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, der Schweiz oder Singapur zu wichtigen, globalen Investoren geworden – und dies schließt den Venture Capital- und zunehmend auch den Impact Investing-Bereich mit ein.

Herausforderungen und Trends für Family Offices

Um sich in der Komplexität der heutigen Finanzmärkte zurechtzufinden, müssen Family Offices verschiedene Herausforderungen und Trends bewältigen:

  1. Geopolitische Diversifizierung:
    Vermögende Familien streben häufig eine globale Diversifizierung an, um Risiken zu mindern und Chancen zu nutzen.

  1. Einhaltung gesetzlicher Vorschriften:
    Die Einhaltung der sich entwickelnden steuerlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen erfordert spezielles Fachwissen.

  1. Family Governance:
    Die Bewahrung des Familienvermächtnisses und der Erhalt der Familien-Werte soll durch nachhaltige Unternehmensführung und gezielte Nachfolgeplanung sichergestellt werden.

  1. Politische Stabilität:
    Politische Instabilität beeinflusst Investitionsentscheidungen und Strategien zur Vermögensstrukturierung.

  1. Philanthropie:
    Familien engagieren sich zunehmend in philanthropischen Aktivitäten, um ‚Gutes‘ zu bewirken und Generationen zu verbinden.

Der Austausch darüber, wie Philanthropie mit den besonderen Werten der Familie in Einklang gebracht werden kann, ist für den Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Zweigen und Generationen einer internationalen Großfamilie oft sehr förderlich. Darüber hinaus kann das Einbinden der nächsten Generation einer Familie schon in jungen Jahren Stolz, Verantwortung und Identifikation mit den Familienwerten vermitteln. Dieser ständige Dialog fördert auch ein langfristiges Engagement für bestimmte philanthropische Aktivitäten.

Die Nachfolge innerhalb einer Familie bleibt nach wie vor das wichtigste – und schwierigste – Thema, mit dem sich Eigentümerfamilien auseinandersetzen müssen. Gesellschafter-Familien wollen idealerweise nicht nur ein Unternehmen, sondern auch ein Lebenswerk an die nachfolgenden Generationen weitergeben. Jeder Diskussion über die Nachfolge in einer Familie muss daher die Beantwortung einer grundlegenden Frage vorangehen: Gibt es eine fähige, qualifizierte nächste Generation, die auch bereit ist, Verantwortung und Führung zu übernehmen? Wenn wir gebeten werden, Inhaberfamilien bei dieser kniffligen und herausfordernden Frage zu unterstützen, geht es um mehr als nur um die Bewertung von Qualifikationen, Erfahrungen und Kompetenzen.

Oft muss zunächst die Bereitschaft der NextGen, wirklich Verantwortung zu übernehmen, geklärt werden; und ähnlich häufig auch die Bereitschaft und Befähigung der „CurrentGen“, am Ende wirklich loszulassen. Seit 2018 beobachten wir zudem, dass Family Offices weltweit ihre Investitionen zunehmend von Immobilien auf Start-ups verlagern. Auch steigt der Anteil an sogenannten Club-Deals und kleineren Transaktionen (< USD 25 Mio.). Einer der Gründe dafür ist laut den von uns befragten Family Officers, dass viele NextGen-Mitglieder von Inhaberfamilien zunehmend daran interessiert sind, mit – und oft auch in – ihrem Family Office zu arbeiten statt in dem häufig noch existierenden Familienunternehmen. Dieser Trend verändert dann auch ihr Anlageverhalten – weg von „eher langweiligen Immobilieninvestitionen“ und hin zu Investitionen in „Start-ups, Scale-ups und neue Technologien". Dieses gewandelte Investitionsverhalten erfordert in letzter Konsequenz auch ein anderes Kompetenzprofil – sowohl seitens der leitenden Family Officers als auch ihrer Teams.

Das Profil eines erfolgreichen Family Officers

Werfen wir daher nun einen genaueren Blick auf die externen Führungskräfte in Family Offices, um die der „War for Talent“ aus meiner Sicht bereits in vollem Gange ist! Das zeigt sich daran, dass die Nachfrage nach „Top-Talenten“ für Family Offices rund um den Globus ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht hat und das verfügbare Angebot bei weitem übersteigt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Family Offices sind sozusagen erwachsen geworden; sie sind nicht mehr nur kleine und verschlossene Einheiten, die das ungewöhnlich hohe Vermögen von einzelnen Personen und deren Familien verwalten. Viele von ihnen haben sich zu institutionalisierten Häusern entwickelt, die mit hervorragenden Fachleuten ausgestattet sind.

Zwar haben etwas mehr als die Hälfte aller weltweiten Family Offices im Durchschnitt noch zwischen 2 und 10 Mitarbeiter – fast 25 % beschäftigen jedoch bereits mehr als 20 Mitarbeiter. Und in dem Maße, wie sich Family Offices weiterentwickeln, ändern sich gleichermaßen auch die Profile erfolgreicher Family Officers. Profis wie diese benötigen zukünftig breit gefächerte Kompetenzen, um die Komplexität von Vermögensverwaltung und Familiendynamik erfolgreich zu bewältigen. Daher werden zunehmend die folgenden, wichtigsten Charakteristika gefordert sein:

  1. Strategische Vision und Blick für Innovationen:
    Antizipieren von Veränderungen in der Finanzlandschaft und Umsetzen zukunftsorientierter Lösungen.

  1. Globaler Weitblick:
    (Inter-)Kulturelle Kompetenz und Expertise im Umgang mit internationalen Vorschriften und kulturübergreifenden Dynamiken.

  1. Technologisches Verständnis:
    Nutzung von Technologie zur Steigerung der operativen Effizienz, Risikomanagement und Entscheidungsfindung.

  1. Family Governance und Kommunikation:
    Orchestrierung der innerfamiliären Kommunikation, Ausrichtung an die besonderen Werte der Familie und das Managen von Beziehungen.

  1. Nachhaltiges Investieren und Impact Investing:
    Integration von ESG-Prinzipien in Anlagestrategien mit dem Ziel, positiven Einfluss auf die Gesellschaft zu bewirken.

  1. Anpassungsfähigkeit und Resilienz:
    Sicherer Umgang mit Unwägbarkeiten und Förderung einer Kultur der Agilität und Innovation.

  1. Cybersecurity und Risikomanagement-Strukturen:
    Schutz von Vermögenswerten vor digitalen Bedrohungen und Implementierung robuster Risikomanagement-Frühwarnsysteme.

  1. Talentförderung und Nachfolgeplanung:
    Förderung qualifizierter Teams und Gewährleistung reibungsloser Nachfolge-Lösungen.

  1. Ethisches Führungsverhalten:
    Aufrechterhaltung von Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in allen Geschäftsbereichen.

  1. Risikomanagement:
    Erkennen und Abschwächen potenzieller Risiken bei gleichzeitiger effektiver Kommunikation.

Die Zukunft von Family Offices hängt schlussendlich von den Fähigkeiten und Kompetenzen ihrer Führungskräfte ab. Der ideale Family Officer der Zukunft wird deshalb eine vielseitige, professionelle Persönlichkeit sein, die über ein ganzheitliches Verständnis von Vermögensverwaltung, Familiendynamik und globalen Trends verfügt. Da Family Offices weiterhin eine bedeutende Rolle in der Finanzlandschaft spielen werden, wird es auch immer wichtiger, entsprechende Spitzenkräfte zu gewinnen und zu halten. Indem sie eine Kultur des lebenslangen Lernens fördern, sich technologische Fortschritte zu Eigen machen und von Ethik geleitetes Führen praktizieren, können Family Offices die Komplexität von Vermögensverwaltung meistern und langfristigen Wohlstand für kommende Generationen sicherstellen.