Von Widrigkeiten profitieren

Führungsstil und Rekrutierungsansatz erfolgreich anpassen

von Carolyn Lutz und Nick Harris

Einstein sagte einst: „Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn man all das, was man in der Schule gelernt hat, vergisst.“

Erfolgsfaktoren, die für die Baby Boomer und die Generation X selbstverständlich waren, haben sich durch digitale Geschäftsmodelle und disruptive Umfelder fundamental verändert. Unser Interview mit Frits van Paasschen sowie die zahlreichen Gespräche mit Unternehmern und Geschäftsführern, die wir in den letzten Jahren geführt haben, ermöglichen es uns, einige Denkanstöße zu geben, wie Führungskräfte erfolgreich und bodenständig bleiben sowie ihren Platz inmitten dieses scheinbaren Chaos finden.

Negative Auswirkungen mindern und positive verstärken

  • Nehmen Sie Herausforderungen an: Akzeptieren Sie, dass eine Führungsposition Sie fordern und beanspruchen wird – und dass Sie daran wachsen werden.
  • Bauen Sie Ihre Vorurteile ab: Stellen Sie lang gehegte Vermutungen in Frage und bemühen Sie Fakten, holen Sie neue Informationen und frische Perspektiven ein.
  • Blicken Sie über den Tellerrand: Bewegen Sie sich jenseits Ihres üblichen Netzwerkes und Ihrer üblichen Grenzen – und werden Sie ein Weltbürger. Dies ist Ihre Chance, neue Partnerschaften aufzubauen.
  • Wandel ist natürlich: Verstehen und akzeptieren Sie, dass sich Ihr Verhalten und Ihre Sichtweisen ändern können, dass dies eine natürliche Reaktion ist und nicht negativ sein muss.
  • Seien Sie achtsam: Beobachten Sie aufmerksam Ihre Situation und Umwelt, konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche und priorisieren Sie Ihre Handlungen. Lassen Sie sich nicht durch Analysen lähmen: Treffen Sie eine Entscheidung und blicken Sie nach vorne.
  • Nutzen Sie die positiven Seiten des Scheiterns: Erkennen Sie, dass Fehler unvermeidbar und sogar nötig sind, um evolutionäre Schritte auf der Erfolgsleiter zu tätigen. Lernen Sie immer wieder von Neuem.
  • „Vergeuden Sie keine gute Krise”: Erkennen Sie, dass Herausforderungen auch Chancen sein können (für Karriereschritte, persönliche Entwicklung, Steigerung der Leistungsfähigkeit). Veränderungsmanagement könnte nun leichter sein als in ruhigen Zeiten.
  • Agilität, Agilität, Agilität: Schnelllebige und unvorhersehbare Zeiten erfordern verschiedene individuelle und organisatorische Qualitäten, wie bspw. die Fähigkeit neues Wissen zu generieren und stetig dazu zu lernen, flexibel zu sein und sich anzupassen.
  • Erfolgskritisch sein: Werden Sie sich klar über Ihre eigene Absicht und kommunizieren Sie diese. Fördern Sie damit ein leistungs- und sinnorientiertes Handeln in Ihrem Team.
  • Teilen Sie die Last: Ein „command-and-control“-Führungsstil wird zunehmend unpassend. Kämpfen Sie bewusst gegen die Tendenz, jede Einzelheit selbst regeln zu wollen. Ermächtigen Sie stattdessen Ihr Team und festigen Sie die gemeinsame Entscheidungsfindung.
  • Ergänzen Sie sich gegenseitig: Schaffen Sie Teams, die sich in Hinblick auf unterschiedliche Denkansätze und Hintergründe gut ergänzen. Überwinden Sie traditionelles und starres Denken. Heben Sie funktionelle Führungskräfte (wie bspw. den CHRO) auf Geschäftsführungsebene und entwickeln Sie sie als wahre Geschäftspartner der kaufmännischen Leiter.

Werben Sie neue Fähigkeiten (und traditionelle Werte) an

Bei Einstellung oder Beförderung müssen Arbeitgeber die Fähigkeiten, Erfahrungen und Kompetenzen der Kandidaten nicht nur mit bestehenden Anforderungen abgleichen, sondern auch sich entwickelnde Trends und künftige Ziele miteinbeziehen. Sie müssen sich auch individuelle Eigenschaften genauer ansehen und bspw. einschätzen, wie Wandel angenommen und damit umgegangen wird. Sie müssen ihre Denkweise verstehen – dazu gehören auch:

  • Charaktereigenschaften: Suchen Sie nach einem „starken“ Charakter mit einer guten Arbeitseinstellung, Entschlossenheit und Mut, körperlicher und geistiger Belastbarkeit, emotionaler Reife sowie nicht zuletzt einem guten Sinn für Humor.
  • Werte: Von welchen Werten lassen Kandidaten sich leiten, was gibt ihnen Sinnhaftigkeit, wie wurden sie durch Familie und Erziehung geprägt, wie verhalten sie sich in schwierigen Momenten?
  • Intellektuelle Neugier: Dies ist ein entscheidender Faktor für künftiges Potential. Suchen Sie nach jemandem, der aufrichtig an lebenslangem Lernen und Wissensaustausch interessiert ist, der bereit ist Fehler zu machen um sich zu verbessern und die Fähigkeit besitzt, das große Ganze zu sehen und Verbindungen herzustellen.
  • Agilität: Suchen Sie nach Anzeichen für Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und einem guten Umgang mit Unsicherheiten. Fragen Sie nach neuen, bahnbrechenden oder unternehmerischen Leistungen in der bisherigen Karriere.
  • Ergebnisorientierung: Innerer Antrieb und Rastlosigkeit bis zum Erfolg: Suchen Sie nach Kandidaten, die sich selbst herausfordern, mehr und Besseres zu leisten.
  • Breite: Schätzen Sie die individuelle Erfahrung und Vielseitigkeit des bisher Erlebten ein, bspw. mit digitalen und traditionellen Vertriebswegen, entwickelten und sich entwickelnden Märkten, bestehenden und entstehenden Produktkategorien. Einseitige Karrieren sind ein rotes Tuch.
  • Internationalität: Weit verzweigte Geschäfte bedürfen gut vernetzter „Weltbürger“, die internationale Erfahrung mitbringen sowie die Fähigkeit, eine globale Perspektive einzunehmen und geographisch verstreute Teams aufzubauen.

Wie für Sie geschaffen

Für hochrangige Führungskräfte, die über Entwicklungsmöglichkeiten und ihren nächsten Karriereschritt nachdenken, ist es wichtiger als je zuvor, den richtigen Arbeitsplatz zu finden. Beim Abwägen der Vorzüge und Herausforderungen des Eintritts in ein neues Unternehmen sollten Führungskräfte versuchen nicht nur zu verstehen, wo sie in das Unternehmen passen, sondern auch wie. Dringend zu stellende Fragen sind beispielsweise:

  • Stimmen Mission und Werte des Vorstands / Eigentümers mit Ihren eigenen überein?
  • Was ist der Sinn und Zweck des Unternehmens jenseits monetärer Ziele? Wenn es sich um ein Familienunternehmen handelt, teilt die nächste Generation dieses Verständnis?
  • Besteht notwendiges, langfristiges Denken – und entsprechende Investitionsbereitschaft – für neue Projekte?
  • Unternehmerischer Geist: Wie hoch ist die Risikobereitschaft? Wie schnell kann sich das Unternehmen wandeln? Wie frei und selbständig lässt es seine Manager agieren?
  • Perspektiven auf den Wandel: Wie werden Entscheidungen getroffen? Wie gut kann das Unternehmen mit Angriffen auf seine „heilige Kuh“ umgehen oder dem Hinterfragen bestehender Geschäftsprozesse und -modelle? Wie sind vorherige Change Management Prozesse abgelaufen?
  • Werden Sie die nötige Zeit (und Hilfe) erhalten, um die neue Organisation zu verstehen und sich zu integrieren?
  • Wie hoch ist die (realistische) Aussicht auf Erfolg?
  • Und zu guter Letzt: Welchen einzigartigen Lernerfolg kann Ihnen dieses Unternehmen bieten?

Um abschließend Einstein nochmals zu zitieren: „Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. Neugier hat ihren eigenen Seinsgrund.“