Sicher durchs Minenfeld

Familienmitglieder im Management (2) : Erfolgsfaktoren und Ratschläge

von Felix B. Waldeier

Im Artikel „Gratwanderung zwischen Fluch und Segen“, auf den dieser Beitrag aufbaut, haben wir uns mit den typischen Herausforderungen, Problemstellungen und Risiken beschäftigt, mit denen Familienmitglieder als Manager im Unternehmen der eigenen Familien konfrontiert werden. Um solch kritische Situationen dem Unternehmen – und den im Unternehmen tätigen Familienmitgliedern – zu ersparen, sind zunächst einmal klare Strukturen und Spielregeln erforderlich. Spätestens in der zweiten Generation muss ein Familienunternehmen die Rollen und Aufgaben von Inhabern und Management sauber trennen. Dabei geht es zunächst um das Grundverständnis und die Haltung, mit der die Familienmitglieder diese Aufgaben wahrnehmen. Das ist einfacher bei Familienmitgliedern, die nur Inhaber oder nur Manager sind. In vielen Fällen ist jemand jedoch sowohl (Mit-)Gesellschafter als auch Führungskraft im „eigenen“ Unternehmen. In diesem Szenario ist es wichtig, sein jeweiliges Verhalten daran anzupassen, ob man in einem besagten Moment gerade den „Gesellschafter-Hut“ oder den „Manager-Hut“ auf dem Kopf trägt. Dies geht erheblich einfacher, wenn entsprechende Corporate Governance Strukturen geschaffen werden.Tragender Grundpfeiler dieser Strukturen sollte, wie bereits an anderer Stelle dargestellt, in erster Linie ein Beirat, bzw. je nach rechtlichem Rahmen ein entsprechendes Organ sein. Der Beirat ist die zentrale Instanz, in der Belange der Gesellschafter diskutiert, entschieden und gegenüber dem Management kommuniziert werden. Der Beirat ist das Forum, in dem das Unternehmen aus Sicht der Inhaber (und damit „der Familie“) gesehen, bewertet und ausgerichtet wird. Dazu muss der Beirat nicht unbedingt durch Übertragung wesentlicher Gesellschafterrechte „scharf geschaltet“ werden. Wenn der Gesellschafterkreis übersichtlich genug ist oder durch einen Gesellschafterausschuss handlungsfähig gemacht wird, kann durchaus schon ein erheblicher Qualitätssprung erreicht werden, wenn in einem professionell besetzten Beirat die Themen analysiert, bewertet und „vorgedacht“ werden. Die finalen Entscheidungen können dann durchaus „dem Inhaber“ überlassen bleiben.

Ein anderes wesentliches Element in der Struktur von Familienunternehmen sind die Verträge der im Unternehmen tätigen Familienmitglieder. Es ist sehr zu empfehlen, dass diese einem Drittvergleich standhalten, d.h. dass Familienmitglieder keine „Extrawurst“ erhalten und sich an denselben Maßstäben messen lassen müssen wie Fremdmanager auch. Der Vergleich sollte dabei mit entsprechenden Führungskräften anderer Unternehmen hergestellt werden. Insbesondere beim Einsatz von Fremdmanagern ist eine Gleichbehandlung dieser und der Familienmitglieder sehr zu empfehlen und sollte daher auch durch einen mit angesehenen, kompetenten externen Persönlichkeiten besetzen Beirat sichergestellt werden. Dabei geht es nicht nur darum ein angemessenes Leistungsniveau sicherzustellen, sondern auch darum, die Glaubwürdigkeit und „das Standing“ des Familienmitglieds als Manager zu stärken. Wichtig ist hierbei ein hohes Maß ans Transparenz (statt der zuweilen noch in Familienunternehmen anzutreffenden, geradezu zwangshaften „Geheimniskrämerei“): Je offener das Ganze gehandhabt wird, desto höher ist das Vertrauen der übrigen Führungskräfte – und der übrigen Familienmitglieder – in die Leistung des in der Führung des Unternehmens aktiven Familienmitglieds.

Ein weiterer, wichtiger Punkt ist die systematische Nachfolge- und Nachwuchsplanung und die richtige Vorbereitung der für eine mögliche Führung des Unternehmens identifizierten Familienmitglieder. Dazu gehört natürlich eine gute, relevante Ausbildung, aber nach unserer Erfahrung zwingend auch Berufserfahrung möglichst außerhalb des Familienunternehmens. Dabei geht es nicht nur darum den Horizont zu erweitern, sondern auch darum, sich außerhalb der Protektion der Familie für Führungsaufgaben zu qualifizieren und Führungserfahrung zu gewinnen. Dies ist ein Filter im Ausleseprozess, aber auch eine wichtige Quelle für das Selbstbewusstsein der Nachwuchsführungskraft und für das Ansehen im Familienunternehmen gegenüber Mitarbeitern und Familie. Wenn die Nachwuchsführungskraft dann ihre Karriere im Unternehmen der Familie fortsetzt, ist darauf zu achten, dass sie vor echte und wachsende, aber auch „schaffbare“ Herausforderungen gestellt wird. Es müssen Fehler gemacht werden können, aber ein Scheitern „vor laufenden Kameras“ ist zu vermeiden.

Aus Sicht des im Management tätigen Familienmitglieds gibt es ein paar nützliche Faustregeln. Es ist hilfreich, bewusst mit den unterschiedlichen Sphären – bspw. dem Management, dem Beirat, dem Gesellschafterkreis und der Familie – umzugehen, in denen sich der Familienmanager bewegt. Zwischen diesen Sphären gibt es natürlich Überschneidungen und manche Menschen gehören mehreren dieser Sphären an – so eben auch die meisten Familienmanager. Es ist aber wichtig, diese Sphären gedanklich zu trennen und sich darauf jeweils gesondert einzustellen. Man ist – richtigerweise – ein etwas anderer Mensch, wenn man in einer Management-Sitzung über einem operativen Problem brütet und Entscheidungen dazu trifft, als wenn man im Beirat „antritt“ (oder eine Beiratssitzung so vorbereitet, dass man die Chancen maximiert „seine“ Entscheidung durchzukriegen). Oder wenn man den eher passiven Mitgliedern des Gesellschafterkreises erklärt, was im Unternehmen vor sich geht (z.B. warum die Gewinne nächstes Jahr leider thesauriert werden müssen), oder wenn man zu Hause am Küchentisch sitzt oder bei seinen Eltern Sonntags bei Kaffee und Kuchen zu Besuch ist. Eine andere hilfreiche Faustregel ist, mit Emotionen bewusst umzugehen – sowohl mit den eigenen, als auch mit denen der übrigen Familienmitglieder und sonstiger „Stakeholder“. Emotionen spielen gerade in Familienunternehmen eine große Rolle und um sie managen zu können, muss man sie annehmen und verstehen. Von zentraler Bedeutung ist Kommunikation – sowieso immer, aber gerade auch in Familienunternehmen, da die Familie so wichtig für das Unternehmen ist und umgekehrt. Und da gibt es typischer Weise eine Reihe von Leuten, die sich für etwas interessieren, was sie nicht verstehen, und wo sie mitreden wollen – und oftmals mitreden dürfen oder sogar müssen. Wer da nicht sorgfältig, respektvoll und häufig kommuniziert, wird davon früher oder später eingeholt. Dabei spielt Vertrauen eine große Rolle – grundsätzlich, aber eben auch ganz besonders in Familienunternehmen und Unternehmerfamilien. Wer hier erfolgreich sein will, muss lernen Vertrauen zu verdienen, Vertrauen zu honorieren, Vertrauen in Anspruch zu nehmen und Vertrauen zu schenken. Dies steht in enger Wechselwirkung mit guter Kommunikation und einem guten Umgang mit Emotionen. Und hilft gegen die eingangs erwähnte Einsamkeit. Was in diesem Zusammenhang auch hilft, sind Mentoring und der Austausch mit „Peers“. Viele Familienunternehmer profitieren nachhaltig von Netzwerken und Unternehmervereinigungen, die bewusst einen solchen Austausch fördern.

Last but not least: Man muss auch den Absprung schaffen. Großartige Unternehmerleistung ist nicht nur Aufbau – sondern eben auch Übergabe. Nichts währet ewig, und zu einem wirklich erfolgreichen Leben als Unternehmer gehört ganz besonders in einem Familienunternehmen, dass man aktiv am Aufbau einer Nachfolgelösung arbeitet. Dass man sich überlegt, was man als nächstes tut und dass man den richtigen Zeitpunkt findet, um mit einem guten Gefühl den Stab zu übergeben.