Erfolgreich sein und Gutes tun als privat geführte Organisation

Der Weg von AvS Advisors zur B Corp Zertifizierung

von Andreas von Specht

Wegweisend in der B Corp-Zertifizierung für eigentümergeführte Unternehmen

In unserer sich rasch entwickelnden Geschäftswelt sind Unternehmen heute zunehmend gefordert, nicht nur Gewinne zu erzielen, sondern auch ihr Engagement für soziale und Umweltverantwortung nachzuweisen. Unsere Firma, AvS Advisors, hat vor einigen Monaten einen bedeutenden Schritt gemacht, indem wir unseren Status als zertifizierte B Corporation bestätigt haben. Dieser Meilenstein steht für ein gemeinsames Bekenntnis zu einer Vision, wie (auch kleinere) Unternehmen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und den Planeten nehmen können. Wir möchten die Geschichte ‚unserer Reise‘ zur B Corp-Zertifizierung als globale Beratungs-Boutique für Familienunternehmen und Family Offices nacherzählen. Von unserer initialen Entscheidung, die Zertifizierung anzugehen, bis zu den unterschiedlichen Herausforderungen (und zum Glück auch kleinen Erfolgserlebnissen) entlang des Weges wollen wir unsere Perspektiven und Erfahrungen auf diesem Weg teilen. Und natürlich dabei aufzeigen, was dies für unsere Klienten und unser Unternehmen insgesamt bedeutet.

Der Beginn der B Corp-Bewegung

Das Ende des 20. Jahrhunderts war geprägt von zahlreichen Ereignissen und Skandalen, die das Bewusstsein für die tiefgreifenden Umwelt- und sozialen Schäden geschärft haben, die auch durch umstrittene Geschäftspraktiken weltweit verursacht wurden. Verheerende Umweltverschmutzungen und unhaltbare Arbeitsbedingungen wurden beispielsweise aufgedeckt, was zu einem nachweisbaren Verlust der Biodiversität und wachsenden Bedenken hinsichtlich des Wohlergehens von arbeitenden Menschen und ganzer Gemeinschaften führte, die von den Lieferketten vieler Unternehmen betroffen waren. Maßnahmen wie der Brundtland-Bericht von 1987 und internationale Abkommen wie das Kyoto-Protokoll von 1997 betonten die immer dringlichere Notwendigkeit eines kollektiven Engagements, um eine nachhaltige „gemeinsame Zukunft“ zu gestalten und die globalen Emissionen zu reduzieren.

Als Reaktion auf solche gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen beschloss eine Gruppe ehemaliger Kommilitonen der Stanford University im Jahr 2006, B Lab zu gründen. Diese Leute, verbunden durch Freundschaft und ein Engagement für soziales Unternehmertum, entwickelten eine gemeinsame Vision: nämlich eine Bewegung anzuführen, in der Unternehmen als Kraft für das Gute dienen.

Sie legten den Grundstein für dieses Vorhaben in Berwyn, Pennsylvania, und starteten eine globale Initiative zur Förderung von Benefit Corporations, die auf nachhaltigen Geschäftsprinzipien basieren. Gegründet im Namen von B Lab und geführt als gemeinnützige Organisation, führten sie ein ehrgeiziges Regelwerk ein, das als Business Impact Analysis (‚BIA assessment‘) bekannt ist. Dieses Regelwerk zielt darauf ab, Unternehmen in fünf Wirkungsbereichen zu bewerten: Mitarbeiter, Kunden, Gemeinschaft, Governance und Umwelt. Regelmäßig überprüft und aktualisiert unter der Schirmherrschaft des B Lab Standards Advisory Council, blieb diese Bewertung bis heute ein integraler Bestandteil der Mission von B Lab und bietet seitdem eine Möglichkeit, nachhaltige Geschäftspraktiken etablierter Unternehmen anhand der fünf Säulen zu bewerten.

In der Zwischenzeit hat B Lab eine globale Bewegung aufgebaut; der geschäftliche Erfolg wurde neu definiert – nicht nur nach dem ehrgeizigen Maßstab, zu den besten der Welt zu gehören, sondern darüber hinaus auch die besten für die Welt zu werden. Diese Bewegung umfasst heute mehr als 8.000 zertifizierte Unternehmen in 162 Branchen und 96 Ländern.

Das Denken der B Corp-Bewegung ist im Stakeholder-Kapitalismus verwurzelt. Es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der soziale und Umweltwerte in die Kultur, Einstellung und das Verhalten eines Unternehmens integriert. Eine B Corp zu sein bedeutet, dass das Unternehmen einen sinnvollen Zweck („purpose“) verfolgt. Eine professionelle Governance-Struktur soll dafür sorgen, dass soziale und umweltethische Überlegungen Teil der Unternehmenskultur und Einstellungen werden, und dabei Gewinn und ‚Sinnhaftigkeit‘ in Einklang bringt.

Motivation und Mission: Wie wir eine B Corp wurden

Persönlich habe ich 2015 zum ersten Mal von der B Corp-Bewegung gehört, als ich mit der damaligen CEO Nordamerika von Danone, Lorna Davis, bei einem kurzen Frühstück in New York zusammensaß. Später wurde Lorna ‚globale Botschafterin B Corp und Senior Advisor des Danone Group CEO‘. Heute ist sie Mitglied unseres Beirats bei AvS Advisors. Schon 2015 befand sich Lorna auf einer Art ‚Mission‘, andere Führungskräfte zu inspirieren, zu coachen und auch zu provozieren, das Geschäft als „Kraft für das Gute“ zu nutzen. Ein wichtiger Teil ihrer Mission drehte sich um Danones „Purpose“. Ich erinnere mich noch gut daran, wie fasziniert ich von der generellen Idee war, dass ein Unternehmen – und sogar eine kleine Beratungsfirma – erfolgreich, profitabel UND zugleich eine Kraft für das Gute sein könnte.

Es dauerte ein paar weitere Jahre – 2023 haben wir schließlich den Entschluss gefasst, es ernsthaft anzugehen. Es war keine einfache Entscheidung – im Gegenteil. Meine Partner und ich waren zunächst ziemlich unsicher: Riskieren wir womöglich unseren Fokus zu verlieren? Verfügen wir überhaupt über die personellen Ressourcen, um den aufwendigen Prozess zu bewältigen und eine Vielzahl scheinbar sehr kleinteiliger Fragen zu beantworten? Sind einige der Anforderungen, Regulierungen und Richtlinien für eine kleine internationale Firma wie AvS Advisors nicht ziemlich übertrieben? Müssen wir womöglich uns wichtige, professionelle Überzeugungen und Praktiken aufgeben? Im Unternehmen waren wir uns dann schnell einig, dass wir es zumindest versuchen wollten – aber wir versprachen uns auch, unseren Kernüberzeugungen und unserem ‚Modus Operandi‘ treu zu bleiben.

Wir haben es geschafft, den Prozess in weniger als einem Jahr zu durchlaufen. In Bezug darauf, wer wir sind und was unsere Mission ist, hat die B Corp-Zertifizierung für uns aus mehreren Gründen eine tiefere Bedeutung gewonnen.

Erstens bietet sie einen konkreten Rahmen, durch den Unternehmen Maßnahmen ergreifen und ihr Engagement für soziale und Umweltverantwortung demonstrieren können – ein Engagement, das bekanntlich zunehmend von Verbrauchern, Investoren und Stakeholdern erwartet wird. Die B Corp-Zertifizierung dient als Bestätigung unseres Engagements für verantwortungsbewusste Inhaberschaft, Führung, Chancengleichheit und Vielfalt. Wir sind durchaus stolz darauf, in den Bereichen Governance und Führung führend zu sein, in verantwortungsvoller Weise Entscheidungen zu treffen, einbindend zu wirken und uns in dem uns möglichen Rahmen auch um die Umwelt zu kümmern. Am Ende war die Erleichterung groß: Die B Corp-Zertifizierung ist nicht nur eine Bestätigung, sondern fast ein Spiegelbild unserer Kernüberzeugungen. Sie sendet auch ein klares Signal an unsere ‚Stakeholder‘ hinsichtlich unseres Engagements und Ehrgeizes, positiven Einfluss nehmen zu wollen.

Zweitens dient die B Corp-Zertifizierung uns nun als ‚Richtschnur‘, damit unsere Betriebsabläufe kontinuierlich an die sich entwickelnden Erwartungen angeglichen und unsere Positionierung als „Trusted Advisors“ für eigentümer- und familiengeführte Unternehmen gefestigt werden kann.

Natürlich haben auch interne Motivations-Überlegungen eine wichtige Rolle gespielt. Das gesamte Team aus Beratern, Researchern, Projektmanagern und Assistenz ist stolz darauf, die B Corp-Zertifizierung erreicht zu haben. Sie spiegelt unser Streben nach Exzellenz wider, das durch unsere ganz bewusste Entscheidung, Qualität über Quantität zu stellen, unterstrichen wird. Natürlich wollen wir als Firma profitabel sein und unsere Berater und anderen Teammitglieder marktgerecht bezahlen können. Aber es gilt eben auch der altmodisch anmutende Satz „Dienen kommt vor Verdienen“. So haben wir beispielsweise die Anzahl von Projekten, die ein Berater parallel bearbeiten kann, eng begrenzt. Dies soll es den Beratern erlauben, sich voll auf den Aufbau intensiver, vertrauensvoller Beziehungen zu konzentrieren und relevante und zeitnahe Lösungen für unsere Klienten zu entwickeln.

Seit der Gründung wurde Nachhaltigkeit in die DNA unserer Firma integriert. Nicht die oberflächliche und vermeintlich einfache Lösung, nicht der „schnelle Euro“ sind unsere Treiber, sondern das Erreichen herausragender Qualitätsstandards. Dazu braucht es u.a. auch die innere und äußerliche Unabhängigkeit unserer Berater – denn das strikte „client first“-Prinzip kann auch bedeuten, Klienten bei vorgefassten Meinungen zu widersprechen oder gegen deren Willen weiter an einer noch besseren Lösung zu arbeiten. Intern helfen dabei robuste Sozialleistungen, flexible Arbeitszeiten und Anwesenheitsregelungen bis hin zu inklusiven Arbeitspraktiken.

Von gemeinsamer Reflexion zu Engagement und verbesserten Leistungen

Wir begannen unsere B Corp-Reise mit einer sorgfältigen Überlegens-Phase, an deren Ende dann auch eine Selbstverpflichtung stand. Beim Identifizieren von potentiellen Vor- und Nachteilen gemeinsam mit unserem Beirat, unseren Partnern und unseren internen Teams erkannten wir ziemlich schnell, wie ressourcenintensiv dieses Vorhaben sein würde. Insbesondere durch den Prozess der aufwendigen BIA-Bewertung, die Vorbereitung fehlender Dokumente und Regelungen, die Sammlung von Informationen und die erforderlichen Änderungen in unserer Governance-Struktur. Über einen Zeitraum von fünf Monaten traf sich unser Führungsteam mehrmals mit B Lab, um die potenziellen Ressourcenimplikationen und Kerndimensionen zu besprechen, die wir identifizieren sollten.

  • Ressourcenintensität: Die BIA-Bewertung bietet eine überzeugende Anleitung, wie „Purpose“-orientierte Unternehmen strukturiert sein sollten. Wir erkannten jedoch sofort, dass wir internen Teams dann auch Zeit freiräumen mussten, um diese zusätzliche Verantwortung zu bewältigen.
  • Operationelle Veränderungen: Wir waren uns einig, dass Prozesse zuerst verstanden werden mussten, bevor wir Zeit in die Neugestaltung und Prozessdokumentation investierten.
  • Offizielle Dokumentation: Nichts ist offiziell, solange es nicht schriftlich festgehalten und intern genehmigt ist. Eine durchaus „schmerzhafte“ Erkenntnis! Alle Dokumente für die B Corp-Bewertung mussten neu entworfen, genehmigt und intern kommuniziert werden.
  • Mitarbeiterengagement und Talentbindung: Wir waren uns einig, dass kleine Teams über Hierarchieebenen hinweg die Verantwortung übernehmen sollten, um die geforderten Unterlagen zu produzieren. Die Stimmung im Team war sehr positiv und geprägt vom Stolz, Teil des Prozesses zu sein.
  • Steigerung von Markenwert und Image: Von Anfang an erhielten wir ganz überwiegend positives Feedback von unseren Klienten und gerade auch Vertretern der sogenannten ‚NextGen‘.
  • Interessenausgleich: Bei der Offenlegung im Rahmen der BIA-Bewertung erlebten wir, dass es durchaus ein Balance-Akt ist, klare Profitorientierung mit dem in Einklang zu bringen, was gut für unseren Planeten und unsere Gesellschaft ist.

Unser Bewertungsprozess: Ein Weg voller Chancen und Herausforderungen

Der Weg zur B Corp-Zertifizierung war geprägt von einer Mischung aus Lernen, Transparenz und intensiver Zusammenarbeit. Wir starteten den Prozess mit dem gesamten Team und einer erfahrenen „B-Leiterin“, die uns half, das Gesamtprojekt zu koordinieren, die Kommunikation mit B Lab zu optimieren und uns bei der Erreichung ehrgeiziger Ziele zu unterstützen.

Entlang der fünf BIA-Wirkungsbereiche Mitarbeiter, Kunden, Gemeinschaft, Governance und Umwelt wurden fünf Teams gebildet und Bewertungen für alle fünf Wirkungsbereiche zusammen mit der B-Leiterin durchgeführt. Die Teams arbeiteten dann mit wöchentlichen Abstimmungs-Meetings an der Dokumentation. Nach jeweils zwei und drei Monaten überprüften wir jeden Wirkungsbereich erneut, um möglichst noch ehrgeiziger zu sein, Verbesserungsmöglichkeiten zu finden und am Ende alle Lücken zu schließen. Änderungen an der rechtlichen Governance gemäß den Empfehlungen von B Corp wurden etwa zehn Tage vor der endgültigen Frist umgesetzt. Zwei Wochen vor dem Einreichungstermin wurden alle fehlenden Dokumente im gemeinsam genutzten Ordner mit insgesamt 93 Punkten eingereicht, was einen zusätzlichen Spielraum von 13 Punkten ergab, falls der Bewertungsrat Unstimmigkeiten in unserem Nachweis feststellen sollte. Für die Zertifizierung müssen mindestens 80 Punkte erreicht werden.

Die Einreichung der Bewertung markierte den Beginn einer siebenmonatigen Bewertungsphase durch B Lab, in der Fragen beantwortet und Nachweise vorgelegt wurden. Im Januar 2024 erhielten wir die Bestätigung unserer B Corp-Zertifizierung mit 82,5 Punkten und feierten diesen Erfolg in der gesamten Firma.

Fazit: Unser Engagement für zukünftigen Fortschritt

Die B Corp-Zertifizierung ist eine Auszeichnung dafür, dass ein Unternehmen hohe Standards in Bezug auf verifizierte Leistung, Rechenschaftspflicht und Transparenz erfüllt. Für uns bedeutet dies den Beginn kontinuierlicher Bemühungen, unseren ökologischen Fußabdruck weiter zu reduzieren und soziale Inklusion und Vielfalt zu fördern.

Mit Blick in die Zukunft bleibt unser Engagement für Nachhaltigkeit, Transparenz und ethische Führung fest verankert. In unserem Verständnis ist die B Corp-Zertifizierung nicht nur ein erreichter Meilenstein, sondern auch ein Zukunftsversprechen für kontinuierliche Verbesserung und Rechenschaftspflicht. Indem wir unsere Arbeit und Werte mit den höchsten Standards sozialer und ökologischer Leistungsfähigkeit in Einklang bringen, arbeiten wir nicht nur an unseren eigenen Ruf. Wir fühlen vor allem auch eine Verpflichtung, zum Wohlbefinden und langfristigen Fortschritt unserer Klienten und deren Mitarbeiter etwas beizutragen – und damit gleichermaßen zu einer nachhaltigen und gerechteren Welt für alle Beteiligten.